
kolumnen
Sleepless in Kloten
Aahhh, endlich Regen. Der Dienstag war eindeutig mein Tag der Woche. Entscheidend dabei: es regnete am frühen Morgen. Schon in der Nacht hörte ich draussen leise das Wasser rauschen. Herrlich! Das bedeutete, dass ich nicht um 05.40 Uhr durch die ganze Wohnung zu flitzen hatte um die Fenster zu schliessen, damit wenigstens die Kinder noch eine Weile weiterträumen können. Regen heisst nasse Piste 28, also keine Landungen von Osten, schier durch unsere Wohnung hindurch. Göttliche Ruhe.
A propos Lieber Gott: Er hätte sich mit Petrus ruhig besser absprechen dürfen. Er hat mich nämlich mit einem Schlafbedürfnis ausgestattet, das sich auf Dauer nicht zwischen 23.30 und 05.30 Uhr befriedigen lässt. Wieso also darf dann Petrus so lange die Sonne glühen lassen? Nicht nur dass sich Teiche und Bäche beinahe in Fischsuppe verwandelt hätten, nein: Ich versuche am Morgen vor dem Spiegel vergeblich, die schwarzen Augenränder zu entfernen. Doch verflixt nocheins; es sind gar keine Schminkeresten, sondern das Ergebnis von zu vielen zu kurzen Nächten. Wenn wenigstens Festivitäten dafür verantwortlich wären! Aber nein, Dauer-Schönwetter heisst auch dauernde Frühmorgen- und Spätabend-Ostanflüge.
"Ja war denn das nicht immer so?", fragte mich eine Zürcherin. Nein, verfl.... äh, nein, das war früher nicht so. Für uns sind die regelmässigen Ostanflüge, jeden Tag, jeden Samstag, jeden Sonntag, jeden Morgen, jeden Abend, genau so neu, wie sie es für andere wären. Ich wäre wirklich dankbar, wenn man dies endlich zur Kenntnis nehmen würde; sehr geehrte Herren Streithähne.
Was einen vom Sturz in die Depression abhält, ist das Wissen, dass Kloten im Jahresdurchschnitt mit etwa 140 Regentagen rechnen darf, und mit 65 Frosttagen gegenüber nur 45 Sommertagen. Da kann man wenigstens das Fenster schon vor dem Einschlafen zu machen. "Gewöhnt man sich nicht daran?", fragte ein Anwohner einer lauten Strasse. Ach, ich wäre wirklich froh, wenn ich die blechernen Vögel überhören würde. Aber ich wache blöderweise immer noch von ihrem Morgengesang auf. Ich kann nichts dafür.
Also, Lieber Gott und Petrus: Wie wäre es, wenn ihr eine Sitzung zur Erarbeitung von Lösungen abhalten würdet? Offenbar kommen die Menschen im Moment nicht alleine weiter. Ich sehe zwei Möglichkeiten. Variante eins: Macht die Leute in den An- und Abflugschneisen lärmresistent. Zugegeben, eine langfristige Massnahme, da ihr uns ja den Glauben an die Evolution partout nicht austreiben konntet und wir das allzu plötzliche Auftreten dieser Resistenz äusserst merkwürdig fänden. Wenn ihr die Sache unauffälliger und schneller bereinigen möchtet, empfehle ich Variante zwei: Unauffälliges Verstreuen von einigen Prisen Einfühlungsvermögen und Weisheit in der Nähe der Flughäfen, aber auch in der Nähe der politischen Entscheidungsträger. Nützlich wäre da als unterstützende Massnahme sicher auch die sachte Reduzierung des einen oder anderen Testosteronspiegels! Sofern das in eurer Macht liegt und nicht evolutionär bedingt ist, natürlich.