
kolumnen
Simplify your Airport
Diese Woche hörte ich, der Flughafen Zürich-Kloten habe 5% seiner Passagiere verloren. Ich war geschockt! Bis jetzt ging ich davon aus, dass Gepäck verloren geht, aber doch keine Passagiere! Die armen Leute irren jetzt vielleicht in irgendeinem stillgelegten Teil des Flughafens herum.
In den Ferien habe ich das Buch "Simplify your life" gelesen. Das hat bewirkt, dass ich seither permanent am Aufräumen bin. Büro, Kleiderschränke, Computerdateien, Büchergestelle - nichts ist vor meiner Ordnungswut sicher. Und ich habe vieles wieder gefunden, von dem ich gar nicht mehr wusste, dass ich es besitze. Das Problem mit den verlorenen Fluggästen hat mich deshalb darauf gebracht, dass es allenfalls nützlich sein könnte, den Flughafen aufzuräumen. Aufräumen sei das A und O; wenn man das gemacht habe, dann gehe es fast von selber vorwärts im Leben. So steht's im Buch.
Es wird die Vier-Quadranten-Methode empfohlen: Ins erste Feld kommt alles was man wegschmeissen kann. Bezogen auf den Flughafen gehören dort zum Beispiel die unzähligen An- und Abflugvarianten hin. Auch Tonnen von alten Pressemitteilungen, Prognosen über die Anzahl Flugbewegungen und sogar ein überzähliges Terminal kämen in diese Ecke. Und die Flugzeuge, die die Swiss nicht mehr braucht. Wobei "wegschmeissen" hier nicht wörtlich zu verstehen ist.
Ins zweite Feld gehört alles, was man zur Erledigung weiterleiten kann. Die Südanwohner leitet man zum Beispiel an die Ostanwohner weiter. Die gehen sogar von selbst dahin und wollen eine Demo am Bahnhof Kloten starten! Die aufsässigen Deutschen leitet man nach Bern weiter. Bern wird's schon richten. Reklamationen aller Art werden ebenfalls weitergeleitet, wahlweise in die Rathäuser in Stuttgart, Zürich oder Bern. Irgendwie ist die Politik ja immer schuld.
Ins Feld drei kommen die wichtigen Sachen. Dort fänden wir die Unterlagen, aus denen der Geschäftserfolg ersichtlich ist. Und das meine ich wirklich ernst. Denn einen gemeinsamen Nenner gibt es zumindest: Niemand will, dass der Wirtschaftsfaktor Flughafen einfach von der Bildfläche verschwindet, sogar wenn man bei der Zauberfee einen Wunsch frei hätte. Oder?
Interessant wird es bei Feld vier. Dorthin soll man die "Wunder" sortieren. Es kommt einem manchmal tatsächlich so vor, als könne nur ein Wunder bewirken, dass sich alle Interessenvertreter auf einen Kompromiss in Sachen Fluglärmbelastung einigen. Stop: Mit dem "Wunder"-Feld ist gemeint, dass dort die Sachen hinkommen, die man sofort, z.B. per Telefon, erledigen kann. Diese Aufräum-Methode gelte als Geheimnis vieler US-Präsidenten. Aha! Da ist es natürlich einfacher, per Telefon herumzuregieren. Wenn jetzt George Bush dem Chef der Südanflug-Gegner telefonieren würde, wer weiss, ob das nicht etwas nützte. Aber Herr Bush ist auf den Knatsch am Klotener Flughafen (zum Glück!) noch nicht aufmerksam geworden, so dass wir die Probleme selber lösen dürfen. Das Feld "Wunder" hilft uns dabei zwar nicht viel weiter, aber dank der virtuellen Aufräumaktion haben wir jetzt vielleicht den Kopf frei, um uns auf das Mediationsverfahren einzulassen? Auch wenn es keine Wunder bewirkt.