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Die Karawane zieht weiter

Ich habe meine Zeitungen gewogen: Zürcher Unterländer, Tages-Anzeiger und NZZ waren zusammen in dieser Woche bis gestern ohne Beilagen etwa zweieinhalb Kilo schwer. Auf gut 70 Gramm Zeitungsseiten drehte sich die Berichterstattung um den Flughafen und das Fliegen. Eine vergleichsweise ruhige Woche, vor allem nach dem Lufthansa-Swiss-Getümmel: 90 Gramm Zeitungspapier allein dafür! Die Themenvielfalt ist wie immer beeindruckend: Von der Demonstration gegen die Streichung eines Fluges nach Sri Lanka über das vom Schutzverband vorgeschlagene Rotationsprinzip (mein Favorit, falls Sie es wissen wollen!), den Baubewilligungsstop, die fiesen Falschbilder zu den Südanflügen, den Rückzug des Regierungsrates aus dem Unique-Verwaltungsrat, die Einführung neuer Warteräume bis hin zur GV von Unique wurde der Bogen gespannt. Bei jedem Thema spielt sich mehr oder weniger dasselbe ab: Eine Tatsache wird bekannt und irgend eine Organisation kritisiert auf's schärfste und prophezeit den nahen Weltuntergang. Es ist dann ein wenig wie in der Kindererziehung, die wirkungslos bleibt, wenn die angedrohten Konsequenzen nicht irgendwann auch wirklich eintreten.

Es ist ja so, dass trotz all der Wut von uns Betroffenen, trotz der Unmengen an Zeitungspapier und Sendezeit, die ins Thema investiert werden und trotz der endlos wiederkehrenden Debatten im Zürcher Kantonsparlament die Entwicklung am Flughafen scheinbar unbeeinflusst davon verläuft. Der Hund bellt, doch die Karawane zieht weiter. Wirklichen Einfluss haben wirtschaftliche Entwicklungen wie der Zusammenbruch der Swissair. Und die Zahlen des Geschäftsberichtes deuten darauf hin, dass die Talsohle (oder je nach Sichtweise auch der Höhepunkt) überwunden ist. Jedenfalls wächst die Anzahl Passagiere wieder an - insbesondere die der Lokalpassagiere!

Es scheint, dass nur "ä chlini Wält verruckt" ist, wenn es um den Flughafen und seine negativen Auswirkungen geht. Der Rest der Welt scheint nicht ganz zu verstehen, wo das Problem eigentlich liegt. Auch im Kantonsrat löst die Ankündigung einer neuerlichen Flughafendebatte mittlerweile bei den nicht Betroffenen im milderen Fall Gähnen, im schlimmeren Fall akute Amtsmüdigkeit aus.

Ich wage an dieser Stelle einen pessimistischen Blick in die Zukunft: In spätestens fünf Jahren werden wir in Kloten mehr Flugbewegungen haben als je zuvor. Die Kämpferinnen und Kämpfer gegen den Fluglärm hat man durch wöchentliche Verlautbarungen und Streitereien untereinander weiterhin derart auf Trab gehalten, dass sie bis dahin ermattet und keine mehrheitsfähige Opposition mehr sein werden. Und es will mir einfach nicht in den Sinn kommen, wie das verhindert werden könnte. Tut mir leid.

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