
kolumnen
Gähnende Leere
Ich kandidiere NICHT für den Nationalrat. Trotzdem kann auch ich dem tobenden Wahlkampf nicht ausweichen. Gefüllte Briefkästen, Plakate soweit das Auge reicht und eine Vorstossflut im Kantonsrat verhindern das erfolgreich. In der Klotener Bahnhofunterführung steht „Fiala, gib Gas!“. Das würde an einer Autobahn vielleicht besser passen. Und ein Kandidat lässt sich auf grossen Tafeln an seinen Kübelwagen durch die Gegend kutschieren. Einige davon haben bereits Beulen und Kratzer – hoffen wir, der Mann persönlich überstehe es schadlos. Andere Parteien fallen von Einzelaktionen abgesehen nicht weiter auf. Der politischen Vielfalt zuliebe hoffe ich noch auf ein reiches „Schlussbouquet“.Da dies hier eine Flughafenkolumne ist, hat es mich interessiert, wie der Flughafen in diesem Wettbewerb vorkommt. Schliesslich sorgt das Thema im Kantonsrat regelmässig für heisse Köpfe. Aber: Der Kanton Zürich ist nicht der Nabel der Schweiz und der Flughafen, obwohl für die meisten seiner Belange der Bund zuständig ist, wird vermutlich als Zürcher Angelegenheit betrachtet. Die einzige nationale Partei, auf deren Website ich ohne langes Suchen etwas zum Flugverkehr gefunden habe war die FDP. Es handelte sich um eine Resolution, die aus exakt vier Sätzen besteht. In den Wahlplattformen der anderen Parteien wird das Thema vielleicht abgehandelt – im Wahlkampf sichtbar ist es aber nicht.
Vielleicht habe ich mehr Glück bei den kantonalen Parteien? Nein, auch da gähnende Leere. Flughafen im Zusammenhang mit Wahlen: Kein Thema. Bei etlichen Parteien verläuft der Wahlkampf sowieso recht themenfrei, jedenfalls auf den Websites. Allerdings kenne ich selber nicht wenige Leute, die eher anhand eines Fotos wählen als aufgrund politischer Überzeugungen.
Nun gut. Die vielen Protestorganisationen gegen den Flughafen werden aber wohl Wahlempfehlungen auf ihren Internetseiten veröffentlichen. So wie es Umweltverbände oder Gewerkschaften ausgiebig tun. Wobei die Kriterien, nach denen jemand unterstützt wird und jemand anderer nicht, selten wirklich verständlich sind. Was den Flughafenprotest betrifft, brenne ich aber auch hier an. Auf keiner der Seiten tauchen die National- und Ständeratswahlen auf. Jetzt bin ich aber platt. Wenn ich vielleicht diskret darauf hinweisen dürfte: Flughafenpolitik ist über weite Strecken Bundespolitik. Und die Wahlen sind in gut drei Wochen! Danach bleibt nur wieder vier Jahre jammern.