
kolumnen
Living next door to A….
Im Moment beschäftigen mit Blechflieger weniger. Ich geniesse Ferientage in Graubünden. Flieger gibt es hier in Form von Hummeln, Bienen und Vögeln. Heute hätten wir beinahe eine Amsel überfahren, die schwer beladen mit Beute Mühe mit dem Abheben hatte. Den allergrössten Lärm verursachen die Grillen, die zwar Flügel haben, aber nicht fliegen. Ruhe geben die nur im Morgengrauen. Aus dieser Distanz lässt es sich gut sinnieren, welche Bedeutung der heimische Flughafen für einen selber eigentlich hat.Es ist ein wenig speziell: Ich bin zwar zu Fuss von zu Hause aus in 15 Minuten am Flughafen und dem entsprechend gehört er zu meinem Alltag – bloss fliegen tu ich eigentlich ausgesprochen selten. Das war schon früher so.
Ich muss ungefähr 18 Jahre alt gewesen sein, als ich mein erstes Lohnkonto eröffnete. In der SKA-Filiale am Flughafen. Mein Jungfernflug fand erst zwei Jahre später statt. Trotzdem waren wir auch damals schon, Anfang der 80er-Jahre, häufig am Flughafen anzutreffen. Zuerst im Marinello den Sonntags-Zmittag einkaufen und dann im grossen Kiosk vielleicht ein Buch für einen faulen Nachmittag, das haben wir genossen. Und später haben wir uns die Nächte im Blackout um die Ohren geschlagen.
Heute gehe ich am Sonntag nur noch an den Flughafen, wenn ich unbedingt muss. Es ist unglaublich, wie viele Leute sich dann auf dem Gelände tummeln. Und zwar nicht, weil sie irgendwohin fliegen wollen, sondern einfach weil für sie der Flughafen etwas Spannendes ist, das man sehen möchte. Ich hoffe bloss, sie kommen nicht alle mit dem Auto. Die Unmenge von vorhandenen Parkhäusern lässt mich allerdings nichts Gutes ahnen. Über eine halbe Million Besucher habe der Flughafen jährlich, habe ich gelesen. Zum Vergleich: Im Verkehrshaus Luzern waren es letzes Jahr gut 700'000.
Aber das nur nebenbei. Dank dem Flughafen kann ich viermal pro Stunde aus meinem Klotener Quartier an einen Bahnhof mit direkter Zugverbindung nach Zürich gelangen. Ich bin zur Transit-Passagierin am Flughafen geworden. Wobei Flugzeuge bei diesem Transit nicht die geringste Rolle spielen, ich steige bloss vom Bus in den Zug um. Genau so unspektakulär ist meine Begegnung mit dem Rest des Flughafens. Nebst Bahnhof ist er für mich noch immer vor allem ein Ort für Einkäufe zur Unzeit. Heute allerdings nur noch in Fällen, wo die Coop-Tankstelle versagt. Die Zeiten ändern sich.
Und der Mensch gewöhnt sich an alles. Ebenso unaufgeregt wie ich neben dem Flughafen, leben andere Menschen Tür an Tür mit Atomkraftwerken, Chemiefabriken oder Autobahnen. Bloss die Natur ist da nicht so flexibel, das dürfen wir nicht vergessen. Weil doch auch meine Kinder – wenn sie dafür mal das richtige Alter haben – den Hummeln, Bienen, Amseln und Grillen zuschauen und -hören wollen.