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Baustellen

Was für ein Sommer! Ich genoss ihn vollumfänglich zu Hause. Gut, auch im Büro, aber ich war nicht in den Ferien. Wozu auch, wenn’s zu Hause so toll ist. Und so schön ruhig! Keine Termine, wenig Leute in den Zügen, auf der Strasse und in der grossen Stadt. Allzu heisse Tage verbrachte ich daheim, immer hübsch in der Nähe des kühlen Kellers, in dem man auch bei der grössten Hitze herrlich schlafen kann.

Nun scheint er zu Ende zu gehen, dieser Sommer. Die Baustellen im Büro sind – nicht zuletzt wegen der gemütlicheren Gangart – nicht alle zu einem glücklichen Ende gekommen, diejenigen im Leben auch nicht. Und plötzlich ist rundherum nichts als Baustelle. Ruhe gibt es nur noch zwischen neun und halb zehn, über Mittag und am Feierabend. Alle Strassen im Quartier werden erneuert, Gräben ausgehoben, Leitungen saniert. Und um die Sache abzurunden, werden unseren Wohnungen neue Bäder und Küchen verpasst.

Ich habe ein Spiel erfunden. Es heisst Parkplatz-Roulette. Verloren hat, wer am nächsten Morgen nicht mehr von seinem Parkplatz weg kommt, weil dahinter, davor oder daneben ein grosses Loch klafft, Baumaterial aufgetürmt ist oder Bagger und Dumper den Weg verstellen. Zur Ehrenrettung des Baustellenpersonals sei aber gesagt, dass ich noch nie verloren habe!

Ein weiteres spannendes Spiel lautet: Haben wir den Renovations-Terminplan richtig verstanden? Überall in den Wohnungen rundherum fliegen ausgediente Dunstabzüge, Badewannen und Lavabos aus den Häusern. Ein Anschlagzettel weist darauf hin, dass man auch im Gemeinschaftsraum essen kann und für die Kinder ein Spielzelt aufgestellt wurde. Die Häuser sind umgeben von herzigen, mobilen Badezimmern und allerlei Baracken. Verloren hat das Spiel, wer seine Wohnung nicht in dem Moment geräumt hat, wo die Männer mit dem Presslufthammer vor der Tür stehen. Dauert es wirklich noch eine gute Woche, bis es bei uns so weit ist? Oder kommen wir eines Tages nach Hause und müssen den Nachbarn fragen gehen, ob wir sein Badehäuschen benutzen dürfen? Spannend, wenn nicht gar Nerven zerfetzend.

Das Gute an der ganzen Aufregung: Irgendwann ist es fertig und alles ist neu und schön. Hoffentlich. Perfekterweise dann, wenn ich aus den Ferien zurückkomme und den Presslufthammer gar nie gesehen habe. Wenn ich dann noch alle Pendenzen erledigt habe und sich das Leben auch sonst wieder etwas lustiger anfühlt, dann singe ich mit der Band „Ich und Ich“ „Alles passt perfekt zusammen, la la la“ und freue mich auf den goldenen Herbst.


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