
kolumnen
Lob des Handwerks
Ich dachte eigentlich nicht, dass die Renovationsarbeiten in unserer Wohnung Stoff für eine zweite Kolumne hergeben würden – aber so Sachen ziehen sich hin. Gerade heute Morgen war wieder einmal der Sanitär bei mir. Mittlerweile kennen wir uns. Er brachte die fehlenden Tablare für den Spiegelschrank, schraubte einen wackligen Hahn fest und heute hat er mir noch gezeigt, wie ich die langen Haare des Nachwuchses aus dem neuen Duschenabfluss rausfriemeln kann. Ich mag ihn.
Überhaupt waren da lauter nette Menschen. Dafür, dass sie sich eines Morgens alle die Türklinke in die Hand gaben – das nannte sich Mängelbehebung – noch bevor ich unter der Dusche war, konnten sie ja nichts. Selber schuld. Im Büro haben sie verstanden, dass ich auf die Znünipause warten musste, bis ich rasch ins Bad hüpfen konnte.
Die Umbauzeit habe ich weitgehend mit Ferien überbrückt. Aber zwischendurch warf ich doch einen Blick auf die Arbeitsfortschritte. Wäre es nicht MEINE Wohnung gewesen, dann wäre ich einfach nur fasziniert gewesen. Haben Sie Ihr Bad oder Ihre Küche schon mal ganz nackt gesehen? Nüüt schöns – aber faszinierend. Da es sich um den Ort handelte, an dem ich zu Hause bin, war die ganze Geschichte allerdings doch auch nervenaufreibend. Nach drei Wochen wollten wir alle vor allem einfach wieder ein Daheim haben. Dem Maler dürfte nicht bewusst gewesen sein was er auslöste dadurch, dass er vergessen hatte, am Freitagabend seine Abdeckungen zu entfernen. Ein mittleres Drama! Ich meinte nämlich, er sei noch nicht fertig und ich könne die neue Küche noch immer nicht benützen. Meine Nerven machten einen Moment lang nicht mehr mit. Nach einigem Gefluche, Gezeter und Geheule sah ich dann aber was los war und habe das Zeug selber weggerissen. Dann war alles schön.
Darum beneide ich Handwerker und Handwerkerinnen. Am Abend sehen sie, was sie den ganzen Tag gemacht haben und am Schluss haben ihre Kundinnen Freude. Jedenfalls wenn die Abdeckungen weg sind. Von meiner Arbeit bleiben nach einem Abstimmungswochenende Plakate die keinen Sinn mehr haben, ein Kater (je nachdem stimmungs- oder alkoholbedingt), Löcher in Kampagnenbudgets, neue Verfassungsartikel. Oder auch nicht. „So jetzt, nicht jammern“ sagt meine innere Optimistin, „es bleibt vor allem ein funktionierender Staat!“ Stimmt ja, ich bin eine Polithandwerkerin.