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kolumnen

Abgestimmt

Ich schaue meinen Meerschweinchen Ozzy und Carla beim dösen zu. „So friedlich möchte ich es auch mal haben“, sage ich zu ihnen. Das Fressen kommt automatisch – meistens. Wenn nicht, hilft pfeifen. Und wenn man Lust auf Nachschlag hat dann pfeift man weiter bis dieser kommt. Die Wohnung wird automatisch geputzt ohne dass man etwas sagen oder gar bezahlen muss und kaum scheint die Sonne darf man raus ins Grüne. Um dann abends, erledigt vom ganzen Tag an der frischen Luft, wieder gemütlich im frischen Stroh zu dösen. Derweil ich koche, wasche, bügle, putze, aufräume, Unkraut jäte oder ins Büro gehe geniessen sie das Leben. „Ihr habt es schön!“

„So ein Blödsinn“ antwortet Ozzy. „Zum Beispiel haben wir total bescheuerte Namen und die Elstern machen sich immer lustig über uns. Ozzy Osbourne. Pfff. Bloss weil die Männer des Hauses auf Black Sabbath stehen. Und Carla wegen Carla Bruni. Weil sie am Hinterteil braunes Fell hat. Hahaha, sehr lustig.“ Tja, Humor ist manchmal Geschmacksache. Wir haben uns jedenfalls amüsiert bei der Namensgebung. Als die Schweden ihr neues Kampfflugzeug tauften haben sie vermutlich nicht gelacht, sondern fühlten sich ganz feierlich. Schliesslich heisst „Gripen“ „Greif“ – da stellt man sich einen stattlichen, majestätischen Vogel vor. Blöd dass sie ihn dann in den deutschen Sprachraum – sprich die Schweiz – verkaufen wollten und das Ding dann plötzlich wie eine lästige Krankheit tönte. Allerdings hätte auch das Vorgängermodell Viggen zu diversen Scherzchen Anlass gegeben. Ob jemand mal untersucht, wieviel Einfluss solche Nebensächlichkeiten auf Abstimmungsergebnisse haben? Ich hoffe keinen.

Der deutsche Politiker Gregor Gysi bewunderte gestern die Schweiz. A) weil wir die Flieger abgelehnt haben aber b) vor allem deshalb, weil wir überhaupt darüber abstimmen konnten. Er möchte das für Deutschland auch. Ein Kommentator fand umgehend, die Deutschen seien für die direkte Demokratie zu dumm und uninteressiert. Aber wir wissen es besser, nicht wahr? Direkte Demokratie können alle. Sie müssen nur wollen. Mich täte allerdings mal wirklich interessieren, was zum Beispiel die 52% der Klotenerinnen und Klotener denken, die an diesem Wochenende nicht abgestimmt haben. Ist es eher „läuft alles super, muss ich nichts dazu sagen“ oder eher „meine Stimme nützt ja eh nichts“?

Ein empörtes Quieken aus dem Meerschweinchengehege reisst mich aus den Gedanken und ich sehe gerade noch wie Ozzy vor Carla die Flucht ergreift, die ihn mit den Zähnen in den Hintern gezwickt hat. „He, he, was ist da los?“ „Wir haben gerade darüber abgestimmt, wer das letzte Stück Rüebli bekommt“.

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