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kolumnen

Auaaa.

Aus aktuellem Anlass recherchiere ich ein bisschen zum Thema Schmerz. Das lenkt ab, was gegen Schmerzen tatsächlich wirkt. Vorübergehend. Eine faszinierende Sache, der Schmerz. Er bewahrt uns freundlicherweise vor zu grossem Schaden an unserem Körper, auch wenn es mir gerade schwerfällt, dafür dankbar zu sein.

Das Schmerzempfinden ist lernbar, lese ich. Wenn einen jemand zum ersten Mal im Leben in den Finger pikst, dauert es einen Moment, bis der Schmerz im Hirn angekommen ist und es merkt: Autsch. Das nächste Mal tut es dann schon viel früher resp. schneller weh, weil man gelernt hat: Obacht, das schmerzt. Andererseits zieht man die Hand von der heissen Herdplatte wieder zurück bevor der Schmerz effektiv angekommen ist und das auch schon beim ersten Mal.

Es gibt schnellere und langsamere Schmerzleitungen in uns drin, weil die einen entwicklungsgeschichtlich älter seien als die anderen. Wir verfügen also über ältere Bauteile, die Schmerzen weniger schnell weiterleiten als die neueren. Das war für den Neandertaler vermutlich praktisch, wenn er auf der Jagd auf einen Stein trat. Er konnte weiterrennen statt auf einem Fuss zu hüpfen und zu heulen. Ok, es stand nicht exakt so im Artikel und ich verstehe bei weitem nicht alles. Aber: Faszinierend. Und die Ablenkung funktioniert.

Es gibt auch das Phänomen, dass zwar am Körper tatsächlich etwas kaputt geht, man aber trotzdem keinen Schmerz empfindet – oder jedenfalls nicht gleich. Ich habe mir letzte Woche mit Schwung die Schnalle eines Sattelgurtes an den Kopf gehauen und daraufhin zwar gespürt, dass das Blut in Strömen über’s Gesicht lief, aber weh getan hat es vorerst überhaupt nicht. In derselben Woche hatte ich auch sonst diverse Bobos (Stichwort Reitferien...), aber wie es eine Kollegin ausdrückte: Wenn man erst mal wieder auf dem Pferd sitzt, geht es gleich wunderbar.

Auf dem Weg zum Arzt belauschte ich heute im Tram zwei junge Frauen: „Ich gehe mit Mami noch fliegen“. „Wohin soll es denn gehen?“ „Bangkok“. „Was gibt es da?“ Ich erwartete nun, dass sie von Buddha-Statuen, schwimmenden Märkten oder goldenen Tempeln erzählen würde. Aber sie meinte: „Mir schwebt eine Ray Ban Sonnenbrille vor.“ Ich weiss nicht, ob das auch ein Schmerz war, der mich da durchzuckte. Aber es hat weh getan. Womit wir eigentlich bei der gesellschaftlichen und sozialen Komponente von Schmerz wären.

dAber meine Geduld mit meiner schmerzhaften Nackenstarre – schweizerdeutsch: Hals-Cheeri – ist aufgebraucht. Ausserdem möchte ich mich über mögliche charakterliche Parallelen in Sachen Halsstarrigkeit hier besser nicht auslassen. Deshalb widme ich mich dem vom Arzt verschriebenen Medikamentencocktail und mache dem Schmerz kurz mal den Garaus.

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