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kolumnen

Fragen über Fragen

Max Frisch hat nicht nur Bücher geschrieben, sondern auch Fragebögen. Möchten Sie Ihre Frau sein? Haben Sie Humor, wenn Sie allein sind? Haben Sie Angst vor dem Tod und seit welchem Lebensjahr? So heisst es da beispielsweise.

Kloten muss sich auch Fragen stellen. Das Geld droht auszugehen, der Arbeitsplätze wurden weniger und der Fluglärm "dank" Ostanflügen mehr, die Flyers verlieren fast so oft, wie sie gewinnen - Depression breitet sich aus. Jedenfalls überfällt mich jeweils eine depressive Stimmung, wenn ich an der früheren ABM vorbeikomme, und der "netto-netto"-Schriftzug daran erinnert, dass man nun sogar für ein simples Paar Kinderjeans ins Glatt-Zentrum fahren muss.

Frisch hat gezeigt, dass es darauf ankommt, die richtigen Fragen zu stellen. Der Gemeinderat hat letzte Woche die Frage beantwortet, welchen Steuerfuss er für richtig hält - und prompt zu hören bekommen, dass die Antwort falsch war. Ich hingegen glaube eher, dass man andere Fragen zuerst diskutieren müsste. Diejenige nach dem Steuerfuss käme zum Schluss, wenn man weiss, wie viel Geld man wofür braucht.

Leider kommen mir nicht so geniale Fragen in den Sinn wie einst Frisch. Trotzdem könnten wir uns zum Einstieg zum Beispiel fragen: Wo liegt Kloten? Sehen wir Kloten eher als einen Vorort Zürichs? Dann wäre es vielleicht richtig, vor allem auf eine hohe Wohnqualität und gute Bedingungen für Familien zu achten im Wissen, dass die Leute zum Einkaufen und fürs Vergnügen sowieso in die Stadt fahren. Oder sehen wir Kloten als Zentrum der umliegenden Gemeinden? Dann stehen eher breit gefächerte Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und gute (öffentliche) Dienstleistungen im Zentrum des Interesses.

Ein weiterer Frage-Vorschlag: Wa-rum wohnt jemand in Kloten? Weil gerade eine Wohnung frei war? Weil man in der Nähe arbeitet? Weil man schon immer hier war? Oder noch nie? Weil man Hockey-Fan ist oder gerne den Flugzeugen zuschaut? Weil man ganz gern ein bisschen Stadt hat, aber nicht zuviel? Weil der Stadtpräsident cool ist? Andere mögliche Antworten wie etwa "weil die Schule einen besonders guten Ruf hat, weil die Angebote für Familien hervorragend sind, weil Kloten ein lebendiges Zentrum hat" könnten angestrebt werden.

Wo ist Kloten Spitze? Was ist schön an Kloten? Wie viele Neu-Klotenerinnen beteiligen sich am öffentlichen Leben? Gibt es überhaupt ein öffentliches Klotener Leben? Wenn ich wünschen könnte, würde ich dann in Kloten wohnen wollen? Sollen die Klotener Stärken unterstrichen oder eher die Schwächen beseitigt werden?

Es ist übrigens nicht so, dass sich der Stadtrat keine Antworten überlegte. Es gibt eine Wirtschaftsstudie, und die Zentrumsplanung wurde an die Hand genommen. Was fehlt, ist die Diskussion mit dem Gemeinderat und direkt mit der Bevölkerung. Als Vorbild könnte da Bülach dienen, das mit seinen öffentlichen Zukunftswerkstätten etwas in Bewegung gebracht und die Menschen in die Planung der Entwicklung einbezogen hat. Das wünsche ich mir auch für Kloten. Dann einigen wir uns sicher auch in der Frage des Steuerfusses leichter.

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