
kolumnen
Ach, ach.
Ach, was soll ich bloss sagen? Ich schreibe diesen Text am Montag. Dem Tag danach. Wir haben grässlich auf’s Dach bekommen. Die Stimmung ist in einem Keller, der mindestens so tief ist wie es das Square-Loch im Zentrum war.Rundum betretene und übermüdete Gesichter. Allerdings nicht nur auf unserer Seite. Vielen geht es wie mir: Die eigenen Verluste sind zwar hart und für die betroffenen Menschen tut es mir persönlich leid. Es gab auch unverdiente Abwahlen. Allerdings hat man es kommen sehen und Ideen, wie dem Übel der schlechten Wahlresultate zu Leibe gerückt werden könnte, sind durchaus vorhanden. Ich hoffe bloss, es dauert nicht vier Jahre, bis man sich über diese Ideen geeinigt hat. Das Wahlergebnis ist schlimm, aber es wird die SP nicht umbringen, sondern zum Nachdenken und Handeln anregen und ganz offensichtlich muss das hie und da sein.
Was mich aber wirklich betrübt ist, dass ein knapper Drittel aller Schweizerinnen und Schweizer sich selber als weisse Schafe sieht, die eifrig damit beschäftigt sind, schwarze Schafe zu finden und auszusortieren. Dabei werden sie von einem kleinen Mann mit seltsamer Rhetorik – man sagt das sei volksnah – in Wort und Tat unterstützt. Geradezu wehmütig denke ich daran, wie sich früher die Parteien manchmal schwer getan haben mit ihren Bundesräten, weil diese Bundesrat für alle Schweizerinnen und Schweizer sein wollten. Und dadurch automatisch manchmal in Opposition zur eigenen Partei gerieten. Heute wird ein einziger Bundesrat zum „König der Schweiz“ hochstilisiert und zwar ganz klar ohne jeden Anspruch, der König des ganzen Volkes sein zu wollen. Er ist der King der weissen Schafe. Wer alles zu den schwarzen Schafen gezählt wird, definiert eine einzige Partei, je nachdem, wer sich gerade ihren Zorn zugezogen hat. Diese Entwicklung finde ich bedenklich.
Ich bin nicht die Frau des „Jetzt-erst-recht“. Ich finde, man muss durchaus auch einfach einmal jammern und trauern können. Gönnen wir uns also eine Pause. Die darf auch zum Nachdenken benutzt werden. Aber danach müssen wir alle uns wieder darum kümmern, welche Schweiz unsere Schweiz sein soll und wie wir uns unsere Zukunft vorstellen. Zum Glück leben wir ja in einem Land, wo auch die grösste Partei nur ein knappes Drittel der Leute hinter sich hat. Die Schweiz gehört doch noch uns allen!