Deko

kolumnen

Einöde

Ich glaube, ich werde alt. Ich bin sicher, dass ich früher an dieser Stelle einen empörten Text über Bankmanager verfasst hätte. Oder über die schlimme Lage von arbeitslosen Jugendlichen. Oder die Unfähigkeit des politischen Gegners, die wirklichen Probleme zu lösen. Und jetzt?
Berufsbedingt schwelge ich aber momentan im Frühling und lasse sogar Herrn Ospel einen guten Mann sein. Den Sonntag verbrachten wir am Setzlingsmarkt in Wildegg. Eine unglaubliche Vielfalt von Pflanzen gab es dort zu besichtigen und zu kaufen. Zum Glück hatte ich das grosse Portemonnaie mit dabei. Glücklich trug ich Setzlinge von Gewürztageten, Malabar-Spinat, Tomaten „Des Andes“, Zuchetti „Mutabile“ und Melonen nach Hause. Und viele weitere, verlockende Pflanzen wie Mondviolen oder Flügelerbsen musste ich stehen lassen, weil mein Gärtchen einfach zu klein ist. Die Vielfalt der angebotenen Arten und Sorten war überwältigend. Wenn man sich dann noch vorstellt, wie das alles zur Zeit der Ernte aussieht – da wird mir schwindlig. Wie mickrig nimmt sich dagegen das Angebot im nahen Grossverteiler aus! Kein Wunder verarmt nicht nur die Natur zusehends, sonder auch die Auslage in der Gemüseabteilung.
A propos verarmen: Jetzt haben wir also so etwas wie einen Platz im Zentrum Klotens. Respektive das, was nach dem Abbau des Square-Bauplatzes frei geblieben ist. Das ganze Gebiet zwischen Welcome Inn, Post und Migros ist jetzt immerhin etwas: typisch für Kloten. Also beliebig. Stein, Kies, Teer dominieren das Bild. Ohne das Rössli am Brunnen wüsste man gar nicht, wo man ist. Dann fiel wohl jemandem ein, dass man auch noch für etwas Grünes sorgen sollte. Also wurden grüne Hecken-Pflanzen en masse eingebuddelt. Und nun soll der Platz auch noch mit Hortensien bestückt werden. Nichts gegen Hortensien, ich habe selber welche – aber mir kommt dieses Grün fast so trostlos vor wie all das steinig-teerige. Die Natur hält eigentlich eine unglaubliche Vielfalt bereit – warum dürfen wir davon nicht auch in der Stadt etwas bemerken? Und wenn dann mal etwas Blühendes gepflanzt wird: Warum - warum nur - müssen es die ewigen „Tänketli“ sein? Ups, vielleicht werde ich doch noch nicht grad sofort alt: Aufregen kann ich mich jedenfalls immer noch bestens!

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