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Innovation

Als unser erster Sohn ein Baby und seine Urgrossmutter noch am Leben war, war diese eins übers andere mal davon beeindruckt, was für coole Hilfsmittel die heutigen Mütter doch hätten. Die praktischen Trüli-Räder am Kinderwagen haben sie ebenso begeistert wie der Schoppenwärmer oder die multifunktionale Wickeltasche. Von Pampers ganz zu schweigen! Schluss mit Druckknopf-Plastikhose über der Stoffwindel. Pampers kleben von selbst und sind dicht. Meistens. Und so, denkt man, geht es immer weiter mit dem technischen Fortschritt und das Leben wird immer einfacher. Wir können ja auch längst auf den Mond fliegen – resp. könnten, wenn es nicht am Geld fehlte.
Aber warum, so frage ich mich, gibt es so fiese, kleine Stolpersteine, die sich sicherlich ohne grossen Aufwand beseitigen liessen, um die sich aber niemand zu kümmern scheint? Zum Beispiel selbstklebende aber unentfernbare Preisetiketten? Wenn man nicht den Verlust der Fingernägel riskieren oder hemmungslos auf Chemie setzen will, kriegt man die nie wieder weg. Interessant auch: Dort, wo mich die Priisli nicht stören würden, zum Beispiel auf Packungen von Reis oder Papiertaschentüchern, dort fehlen sie. Wenn ich wissen will was die kosten muss ich am Gestell das richtige Schild suchen. Dort aber, wo ihre Überresten auch nach dreimal Abwaschmaschine noch stören, zum Beispiel auf Gläsern, da kleben sie und weichen nicht.
Oder dann das Gegenteil – Beläge an denen rein nichts kleben bleiben soll. Bekannt unter dem Namen Teflon, scheint’s direkt auf die Mondfahrt zurückzuführen und gern bei Bratpfannen verwendet. Allerdings: Es gibt Bratpfannen, da hört der Belag zu früh auf. Sichtbar an einem zwar dekorativen aber doofen, metallfarbigen Rand auf der Kante. Weil nämlich genau an diesem Rand dann halt doch ein Teil des Eis oder der Rösti kleben bleibt – abgesehen davon, dass ich mir aus unerklärlichen Gründen immer genau an diesem Rand die Finger verbrenne. Und warum gibt es noch immer so etwas wie Laufmaschen, verstopfte Staubsaugerfilter, eingetrocknete Leimtuben, abgebrochene Farbstifte und überhaupt: warum gibt es kaum Bleistiftspitzer, die diesen Namen verdienen? Ich sage nun ja nicht, dass ich all die Dinge, die seit des Sohnes Babyzeiten erfunden und alltäglich wurden nicht toll finde. Auch meine Grossmutter hätte an Handys und Notebooks ihre Freude. Und bestimmt braucht es auch Innovation im Derivatgeschäft, bei den Life Sciences oder im IT-Bereich (das sind die Themen von Tagungen, zu denen ich jeweils eingeladen werde). Aber könnte sich bitte auch mal jemand um die Behebung der Alltagsärgerlichkeiten kümmern? Bevor ich Grossmutter bin? Merci.

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